24.09.2023

Artenschutz in der Sackgasse

Das Schweizer Natur- und Heimatschutzgesetz fokussiert gemäss der Naturschutzdoktrin der 1980er Jahre auf den Schutz seltener Arten. Zugespitzt formuliert: Je seltener eine Art und je aussichtsloser deren Situation, desto mehr Geld pumpt unser Staat in Massnahmen, um deren Verschwinden zu behindern. In Schutzgebieten fokussieren wir uns auf die Förderung auffälliger, charismatischer, leicht erkennbarer, seltener Einzelarten, nicht selten sogar Einzelindividuen. Das hat mit Erhaltung von Biodiversität im Sinne der IUCN nichts zu tun.

Die Liste der prioritär zu schützenden Arten wir immer länger, die Erfolge konzentrieren sich auf kleinste Flächen und Einzelprojekte. Einst hiess es, wenn wir Schirmarten fördern, fördern wir eine Vielfalt anderer Arten. Inzwischen müssten wir längst diese geförderte Vielfalt sehen. Um uns vor Enttäuschung zu bewahren, konzentrieren wir uns aufs Zählen von Arten und Individuen und freuen uns über Zahlen, welche Vielfalt suggerieren.

Organismen existieren nicht als statistische Grössen. Sie wollen überleben, selbst unter widrigen Umständen und in aussichtsloser Lage. Und dieses Überleben basiert auf komplexen Prozessen in der Landschaft, welche für uns kaum fassbar geschweige denn planbar sind. In komplexen Ökosystemen entdecken wir unerwartete Dynamik, lassen uns überraschen von der Wiedergeburt verloren geglaubter Arten und Lebensgemeinschaften, müssen eingestehen, dass wir die entscheidenden Prozesse nicht vorausplanen können und mit unseren Eingriffen eher zufällig ins Schwarze treffen.

Es wird Zeit, dass wir auf den globalen Zug aufspringen und uns um die Wiederherstellung von komplexen funktionsfähigen Ökosystemen bemühen, statt Raritäten in aussichtsloser Lage zu züchten. Grossprojekte wie beispielsweise im Kanton Aargau weisen uns den Weg.

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