2.01.2024
Artenvielfalt ist unverzichtbar für effizienten Stoffkreislauf
Komplexe Ökosystemdienstleistungen können Ökosysteme nur erbringen, wenn diese verschiedene trophische Ebenen umfassen. Je komplexer Ökosysteme aufgebaut sind, desto besser können Nährstoffe und Energie in biologischen Prozessen genutzt werden. Der kürzeste und biologisch verlustreichste Abbau von organischer Biomasse ist die Verbrennung, gefolgt von der Vergärung, bei der kaum Organismen beteiligt sind und bei der die Abbaustoffe überwiegend als CO2 und Stickoxide in der Luft verloren gehen.
Je komplexer der Abbau von pflanzlicher Biomasse, desto verlustärmer wird er. Und je differenzierter die Vegetation und der Bodenaufbau, desto effizienter können Stoffe aus dem Boden wieder in Biomasse umgesetzt werden. Die Komplexität der Biodiversität basiert auf einem langdauernden Prozess der Differenzierung und der optimierten Nutzung der örtlichen Ressourcen.
Mit anderen Worten: Es gehört zu den Grundzügen biologischer Entwicklung, dass durch die Differenzierung der Umwege im Stoffkreislauf die Effizienz im Umgang mit Energie und Nährstoffen maximiert wird.
Dabei spielen Temperatur die Verfügbarkeit von Wasser eine prägende Rolle. Deshalb werden die laufenden klimatischen Veränderungen langfristig auch unsere Ökosysteme grundlegend verändern.
Degradierte Ökosysteme sind schädlich
In der mitteleuropäischen Kulturlandschaft existieren kaum noch komplexe Ökosysteme. Als Folge davon geht Boden verloren und die Bodenfruchtbarkeit nimmt ab. Nährstoffe können von Pflanzen schlecht verwertet werden und belasten als Schadstoffe die Umwelt. Dieser Zerfall reduziert das Potenzial für Leben in unserer Landschaft, welches nur durch langwierige biologische Entwicklungsprozesse wieder aufgebaut werden kann.
Die Kernforderung des Biodiversitätsschutzes sollte daher die Wiederherstellung komplexer Ökosysteme auf möglichst grossen zusammenhängenden Flächen sein. Stattdessen konzentrieren wir uns im Naturschutz auf die Erhaltung seltener charismatischer Tier- und Pflanzenarten und die Störung biologischer Stoffkreisläufe.
Wenn sich Biodiversitätsschutz auf die Förderung einzelner trophischer Ebenen (z.B. Blütenreichtum) oder gar einzelner Arten konzentriert, verhindert er die Entwicklung komplexer Ökosysteme. Der Fortgang des Biodiversitätszerfalls ist damit vorprogrammiert.
Zum Weiterlesen:
- Buzhdygan O.Y. et al. (2020): Biodiversity increases multitrophic energy use efficiency, flow and storage in grasslands. – Nat. Ecol. Evol. 4, 393–405. https://doi.org/10.1038/s41559-020-1123-8
- Dobermann A. et al. (2022): Responsible plant nutrition: A new paradigm to support food system transformation. – Global Food Security 2022 (33), 100636. https://doi.org/10.1016/j.gfs.2022.100636.
- Koller-France E., Wilcke W., Oelmann Y. (2021): Does Plant Biodiversity Influence Nutrient Cycles? – Front. Young Minds 9:557532. https://doi.org/10.3389/frym.2021.557532
- Lefcheck, J. et al. (2015): Biodiversity enhances ecosystem multifunctionality across trophic levels and habitats. – Nat. Commun. 6, 6936. https://doi.org/10.1038/ncomms7936
- Soliveres S., et al. (2016): Biodiversity at multiple trophic levels is needed for ecosystem multifunctionality. – Nature 536, 456–459. https://doi.org/10.1038/nature19092
- van Klink R., Wallis de Vries M. F. (2018): Risks and opportunities of trophic rewilding for arthropod communities. – Phil. Trans. R. Soc. 373: 20170441. http://dx.doi.org/10.1098/rstb.2017.0441